In der ersten seiner ‹Fünf Meditationen über die Schönheit› stellt der chinesische Dichter und Kalligraf François Cheng das Schöne und das Böse einander gegenüber. Cheng beschreibt, wie es heute eine Provokation ist, angesichts des «allgegenwärtigen Elends und der blinden Gewalt, der Naturkatastrophen und der ökologischen Desaster» über die Schönheit zu sprechen. Für ihn bilden das Schöne und das Böse daher die beiden Pole des Universums der Wirklichkeit, in der wir leben. […]
Rudolf Steiner bringt in seiner Kunstauffassung das Schöne und das Hässliche mit dem Hintergrund der von ihm entdeckten Doppelnatur des Bösen in einen Zusammenhang. Doch nicht nur das Schöne, sondern ebenso das Hässliche sind für ihn die den Kunstprozess konstituierenden Elemente: «Wollen wir Kunst wirklich fassen, so dürfen wir niemals vergessen, dass das letzte Künstlerische in der Welt das Ineinanderspielen, das Im-Kampfe-Zeigen des Schönen mit dem Hässlichen sein muss. Denn allein dadurch, dass wir hinblicken auf den Gleichgewichtszustand zwischen dem Schönen und dem Hässlichen, stehen wir in der Wirklichkeit darinnen, nicht einseitig in einer nicht zu uns gehörigen Wirklichkeit, die aber mit uns erstrebt wird, in der luziferischen, in der ahrimanischen Wirklichkeit.» […]
Dass das Schaffen von Schönem und damit ein Schaffen nach künstlerischen Prinzipien nicht nur eine Angelegenheit der Kunstschaffenden und der bildenden oder darstellenden Kunst bleiben sollte, zeigt Rudolf Steiners Bestreben, alle Lebensbereiche zur Kunst werden zu lassen. Pädagogik wird Erziehungskunst, Medizin wird Heilkunst, Landwirtschaft wird Landbaukunst, Sozialwissenschaft wird Sozialkunst. […]
Wenn der Kunstprozess heute ein Gleichgewichtbilden zwischen den Kräften des Schönen und des Hässlichen ist, also zwischen den auflösenden luziferischen und den verhärtenden ahrimanischen Kräften, erweitert sich der platonische Blick auf das Schöne: Im Zeitalter der Bewusstseinsseele richtet er sich auch auf die Aktivität des Individuums, das jeweils individuell um Schönheit ringt beziehungsweise Schönheit und Gleichgewicht, also Harmonie verwirklicht. Dabei ist gerade die Aktivität, durch die das Sinnliche in die geistig-ideelle Sphäre erhoben wird, das Wesentliche unseres Zeitalters. […]
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