Seit den letzten Monaten im Jahr 2018 arbeitet in Belgien eine kleine Gruppe innerhalb der Sektion für Schöne Wissenschaften. Sie besteht aus fünf Mitgliedern. Es sind Christine Gruwez, Elze Rens, Nicoletta Stofmaker, Vera van Ighem und Wilbert Lambrechts. Da Elze Rens schon in einem fortgeschrittenen Alter ist, kann sie aus gesundheitlichen Gründen meistens nicht dabei sein, aber sie gehört im Geiste sehr wohl dazu, man kann sogar sagen: sie gehört dadurch «noch mehr» dazu. Uns vereint das Literarisch-Musische, Anthroposophisch-Therapeutische. Es sind das Gebiete, die uns durch Ausbildung, Beruf und Neigung, durch innere Berufung verbinden.
Was uns aber am meisten interessiert, ist das gemeinsam erlebte Gespräch, das Wort, das Schweigen, die Stille, die Meditation, das Schicksal. Das Wort, das an der Schwelle des Sterbens sich metamorphosiert durch die Logos-Kraft, ist unerschütterlich, ist Geburt. Wir erleben das Gedicht als möglichen Ort dieser Verwandlung des Lebens in eine geistige Form; so kann Leben und Leben in Fülle entstehen. Von dieser Perspektive aus interessieren uns Literatur, geisteswissenschaftliche Forschung, Biographik, Kunst.
Ausführlicher Sektionsbericht hier zum download
Noch einmal Novalis
Rückblick auf das Novalis-Symposium vom 7.12.2024: Novalis und der Logos
Im Dezember 2024 fand in Antwerpen das Novalis-Symposium des Belles Lettres-Kreises statt. Vier Stunden lang haben sich etwa 50 Personen aus Belgien und den Niederlanden mit Novalis (Friedrich von Hardenberg, 1772–1801) beschäftigt. Das Thema wurde mit zwei Kurzvorträgen, Musik (Bibers Passacaglia), Rezitation und Eurythmie zu Texten von Novalis, Louis Defèche und Wilbert Lambrechts gegenwärtig gemacht. Dieser rein künstlerische Teil wurde von Nicoletta Stofkoper (Sprachgestaltung), José Vlaar (Eurythmie) und Linda Skride (Bratsche) gestaltet.
Zwei Publikationen wurden vorgestellt: Die niederländische Zusammenstellung von Artikeln zum Logos in dem Buch «Labyrinth of the Logos», und der jährliche Bericht des Belles-Letters-Kreises mit dem Titel «Jaarring» (Jahresring), jetzt mit dem Thementitel: «Novalis und der Logos». Marieke Cooiman stellte «Labyrinth of the Logos» vor; Wilbert Lambrechts den «Jaaring».
Der «Jaaring 2024» enthält die erste schriftliche Fassung des Vortrags von Christiane Haid auf dem Symposium (in Übersetzung), einen Text von Christine Gruwez über den «Kalten Stein und das Dichterwort», die erweiterte Fassung des Vortrags von Wilbert Lambrechts über «Novalis und den Logos», die Texte und die im musischen Teil des Symposiums gesprochen wurden. Aber auch Texte von Novalis (die «Hymne über die Liebe», der «Monolog über die Sprache», Fragmente», sowohl im Original als auch in niederländischer Übersetzung, eine englische Übersetzung der «Hymnen über die Liebe» und das Gedicht «An Julien», im Original und in einer neuen Übersetzung. Außerdem finden Sie im «Jaarring 2024», als Hilfe für eigene Studien eine Auswahlbibliographie zu Novalis, Novalis in niederländischer Sprache sowie eine Bibliographie zum Thema Logos im Allgemeinen.
Zu bestellen unter: https://via-libra.be/.../novalis-en-de-logos-belles.../
Der Belles Lettres-Kreis hat sich zum Ziel gesetzt, «scholarship» und «poetry» im Sinne des magischen Idealismus von Novalis zusammenzubringen und nach Möglichkeit zu vereinen. In diesem Sinne ist Novalis für die Schöne Wissenschaften nicht nur ein wichtiger inspirierender Dichter und Schriftsteller, sondern auch ein Beispiel, ein Ausgangspunkt für die eigene kreative Produktivität und das eigene Studium.
Die beiden Vorträge des Symposiums, die von Christiane Haid und Wilbert Lambrechts gehalten wurden, näherten sich Novalis von unterschiedlichen, aber sich ergänzenden Seiten. Wilbert Lambrechts brachte den Kometen Novalis näher, indem er zwei seiner Texte, die «Hymne über die Liebe» und den «Monolog über die Sprache», wie Feuersteine aneinander zündete.
Christiane Haid charakterisierte die großen Themen des Lebens und des Werkes dieses faszinierenden Schriftstellers aus der Perspektive des magischen Idealismus und aus der Perspektive von Rudolf Steiners «Letzten Ansprache». In dieser «Letzten Ansprache» am 28. September 1924 unternimmt er einen neuen, für seine Zuhörer überraschenden Schritt. Im Zentrum seiner Darstellung steht die Inkarnationensreihe der Individualität des Novalis, der als Raffael, Johannes der Täufer und Elias inkarniert war. Bereits in früheren Jahren hatte Rudolf Steiner über diese Individualität und ihre Verkörperungen mehrfach gesprochen. Am 28. September beschreibt er diese Lebenslinie allerdings als eine Einheit mit der Inkarnationsreihe von Hieram, Lazarus-Johannes dem späteren Evangelisten Johannes, Christian Rosenkreutz und dem Grafen von St. Germain. Hiermit wurde ein ganz neuer Schritt der Karma-Erkenntnis andeutend begonnen.
Die Tatsache, dass das Symposium 100 Jahre später stattfand, verlieh ihm sicherlich auch eine zusätzliche Farbe.
Antwerpen und die USA
In Amerika sorgt zur gleichen Zeit der Dichter und Gelehrte (und ehemalige Literaturprofessor) Bruce Donehower für ein bescheidenes, aber ermutigendes Novalis-Revival in der gleichen Art und Weise, und zwar durch ansprechende Vorträge, Videos und Audios auf der Website https://theliteraryarts.com/about/.
Beide Initiativen arbeiten aus anthroposophischer Inspiration, d.h. aus der anthroposophischen Forschungsmethode heraus, die danach strebt, noch tiefer in das Wesen der Phänomene einzudringen und es zum Ausdruck zu bringen.
Der Kreis dankt José Vlaar, Linda Stride, Pieter Vereertbrugghen, Werner Govaerts, Douwe van Leemputten und Achmed, Geert Jacobs, Bart van Mechelen, Hilde Maes, Ineke Kootstra und Bart Demaré, der Hibernia-Schule und allen Teilnehmern für die Ermöglichung dieser einzigartigen Veranstaltung.
Am Vorabend fand als Auftakt im kleinen Kreis mit eingeladenen Gästen ein intensives Gespräch über AI und Sprache statt. Das Gespräch wurde sehr sachkundig eingeführt von Ariane Eichenberg (Stuttgart).
Wilbert Lambrechts